
Frau Prof. Dr. Paul, Sie leiten die Abteilung Forstökonomie und nachhaltige Landnutzungsplanung an der Georg-August-Universität Göttingen. Was macht diesen Forschungsbereich so spannend?
Die vergangenen Jahre haben uns wieder vor Augen geführt, wie sehr die Forstwirtschaft von Wetter- und Klimabedingungen abhängt. Um nachhaltige Forstwirtschaft zu sichern, braucht es ein Zusammenspiel zwischen operativer, mittel- und langfristiger Planung. Die moderne Forstplanung muss sich dynamisch an neue Situationen anpassen können und sie muss mögliche Risiken und Unsicherheiten berücksichtigen. Das Zusammenspiel dieser zeitlichen Ebenen mit ihren ganz unterschiedlichen Eigenschaften, Anforderungen und letztlich auch Modellen zu untersuchen, gehört zu den spannendsten Fragen der Landnutzungsplanung. In der Forschung arbeiten viele Kolleg*innen und auch unsere Abteilung an der Entwicklung genau solcher Tools zur Unterstützung der Forstplanung.
Womit befasst sich Ihr Teilprojekt im Klima.Zukunftslabor FoResLab?
Im Projekt werden zunächst Indikatoren, also Kennzahlen für ökonomische und einkommensorientierte Waldfunktionen, aus Sicht der Waldbesitzenden entwickelt. Als Datengrundlage für diese Indikatoren können wir dann auf die durchgeführten Messreihen z. B. zu Bodenprozessen und Kohlenstoffflüssen, als auch auf Langzeitbeobachtungen zum Waldwachstum in den Projektgebieten zurückgreifen. Wir erhoffen uns ein besseres Verständnis darüber, wie verschiedene Bewirtschaftungsstrategien zur Erfüllung dieser ökologischen und sozio-ökonomischen Indikatoren, wie z. B. Kohlenstoff- und Wasserregulierung, oder auch Holzbereitstellung und Einkommensgenerierung, beitragen. Zusätzlich wollen wir die Reaktion dieses komplexen Zusammenspiels auf Störungen analysieren. Das heißt, wir wollen die Resilienz der Indikatoren quantifizieren, indem wir eine direkte Schock-Reaktions-Beziehung herstellen. Daraus wollen wir einen Indikator entwickeln, der als eine Art Frühwarnsystem die aktuelle Gefährdung von Waldbeständen über messbare Merkmale einschätzt, wie z. B. Veränderungen in der Photosyntheseaktivität im Wasserhaushalt. Die Resilienzschätzungen werden “close-to-real-time” an den Versuchsbeständen angewendet und als Modell zur Integration in die Forstplanung zur Verfügung gestellt.
Was macht die wirtschaftliche Resilienz von Wäldern aus und welche Merkmale kennzeichnen einen wirtschaftlich resilienten Wald?
Die Hypothese ist, dass arten- und strukturreiche Wälder auch ökonomisch resilient sind. Es ist davon auszugehen, dass insbesondere Nadelwälder durch die Mischung mit Laubbäumen stabilisiert werden, d. h. eine geringere Totalausfall-Wahrscheinlichkeit aufweisen. Aus rein ökonomischer Perspektive unterstützt der Diversifizierungs-Effekt diese Hypothese. Dieser, aus der Portfoliotheorie bekannte Effekt besagt, dass die Mischung verschiedener Produkte, die unterschiedliche Preisschwankungen oder Ausfallrisiken aufweisen, finanzielle Risiken senken und Betriebe damit weniger anfällig für Störungen machen. Allerdings liegt hier aufgrund der Langfristigkeit der Forstwirtschaft einerseits und der sich vergleichsweise dramatisch schnell ändernden Umweltsituationen nur sehr begrenzte Evidenz vor. Darum werden wir diese Hypothese im Rahmen des Projektes untersuchen.
Wie einfach oder schwer lassen sich wirtschaftliche und ökologische Resilienz in Wäldern vereinbaren?
Bekannte Synergien bestehen unter anderem zwischen Kohlenstoffbindung und Holzproduktion. Diese würden z. B. eher für Wälder aus Nadelbäumen sprechen, die gleichzeitig schnell und viel Kohlenstoff binden und hochwertige Holzprodukte liefern. Hohe Nadelholzanteile im Wald könnten jedoch einen negativen Einfluss auf ökologische Funktionen wie Struktur- und Artenvielfalt, sowie der Regulierung des Wasserhaushaltes haben. Spannend wird sein, wie diese scheinbaren Gegensätze sich unter der Berücksichtigung von Störungen verhalten. Klar ist jedenfalls, dass ein Wald mit hohem Risiko des Totalausfalls weder ökonomisch noch ökologisch resilient sein kann.
Welche nachhaltigen und wirtschaftlich rentablen Nutzungsmodelle für Wälder gibt es?
Für Forstbetriebe ist die langfristige wirtschaftliche Rentabilität nach wie vor ein wichtiges Kriterium, um Arbeitsplätze zu sichern und Investitionen in die Zukunft zu sichern. Die Liquidität in Form regelmäßiger Einnahmen ist insbesondere im Privatwald ein weiteres, wichtiges ökonomisches Kriterium. Eine Anforderung, die grundsätzlich gut mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit vereinbar ist, da ein Forstbetrieb dann regelmäßige Einnahmen aus Holznutzung erzielt, wenn er über Bäume in allen Altersstadien verfügt. In diesem Zusammenhang sind zwar auch ertragreiche Bestände, z. B. mit Nadelhölzern von Vorteil, jedoch muss gesamtbetrieblich eine hohe Dimensionsvielfalt gegeben sein, was je nach Betriebsgröße zu einer höheren Diversität, bis hin zum Dauerwaldgedanken, also dem Vorhandensein aller Altersklassen auf der gleichen Fläche, mit hoher Strukturvielfalt führt. Der Ausfall von Waldbeständen wirkt sich sehr langfristig und negativ auf die Liquidität, aber auch auf die nachhaltige Waldbewirtschaftung aus, da finanzielle Mittel für die Wiederbegründung und den Waldumbau fehlen. Kurzum: Vielfalt in Altersstruktur und Baumarten könnte ein Konzept der Zukunft sein. Doch, wie immer, ist es wahrscheinlich nicht ganz so einfach, und „je mehr desto besser“ stimmt wahrscheinlich nur bis zu einem gewissen Grad.Mögliche Synergien und Konflikte zwischen der ökonomischen und ökologischen Resilienz, müssen wir aber noch besser verstehen, um geeignete und auch konkretere Bewirtschaftungskonzepte abzuleiten.
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